Pilotprojekt Fachwerksanierung
ORT: | Quedlinburg , Lange Gasse 7 |
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BAUHERR: | Wohnungswirtschafts GmbH Quedlinburg |
STATUS: | Fertigstellung 2/2005 |
LEISTUNGSPHASEN: | 1-9 |
PLANUNGSUMFANG: | Gebäude / Außenanlagen |
Bestand
Das ehemalige Wohnhaus mit Gewerbe und großer Tordurchfahrt im Erdgeschoss Lange Gasse 7 wurde 1780 errichtet. Es befindet sich unmittelbar im Kern der Altstadt von Quedlinburg, unterhalb des Schlossberges. Es ist durch seine barocke Fachwerkkonstruktion von herausragender denkmalpflegerischer Bedeutung. Aber auch seine Anordnung im Straßenraum und im urbanen Umfeld ist stadtbildprägend und städtebaulich wichtig.
Das Haus besteht aus zwei Fachwerkobergeschossen, die auf einem massiven Erdgeschoss aus Sandsteinmauerwerk errichtet wurden. Das Gebäude ist mit drei Gewölbetonnen vollständig unterkellert.
Im Erdgeschoss wurde es historisch gewerblich genutzt als Schreinerei und Wagenbaubetrieb. Die Obergeschosse waren dem Wohnen vorbehalten. Das große Dachgeschoss hat früher lediglich zu Lagerzwecken gedient.
Schäden
Aufgrund seiner großen Bauschäden bestand im Jahr 2002 akute Einsturzgefahr. Durch permanente Nässeeinwirkung haben Pilze (Echter Hausschwamm) und Käfer die tragenden Hölzer in großem Umfang zerstört. Die Ausfachungen waren abgängig, Deckenfüllungen herausgefallen. Der Abbruchantrag war bereits behördlich genehmigt worden.
Sanierung
Die Stadt Quedlinburg, die BauBeCon Sanierungsträger GmbH und die Denkmalschutzbehörde ermöglichten durch Ihr Engagement und die Bereitstellung von Sanierungsfördermitteln, dass der Abrissplan gestoppt, das Haus entkernt und konstruktiv gesichert werden konnte. Darüber hinaus wurden von der Deutschen Bundesumweltstiftung zusätzlich Fördermittel bereitgestellt, um Fachplaner (Bauphysiker, Schalltechniker ...), Berechnungen und messtechnische Nachweise erbringen zu lassen, welche Materialien sich besser für die Sanierung von Fachwerkhäusern eignen und in welchem Verhältnis die Kosten dazu stehen. Mit der Auswertung und Dokumentation wurde das Deutsche Fachwerkzentrum beauftragt.
Nach Entkernung und Freilegung aller Fachwerkkonstruktionen und Holzbalken der Decken- und Dachtragwerke wurden schadhafte Hölzer ausgewechselt, in sichtbar bleibenden Bereichen aus Altholz. Die Fachwerkaußenwände wurden wieder mit Zierausmauerung aus historischen Handformziegeln oder reichsformatigen Altziegeln hergestellt.
Der Westgiebel erhielt einen Ziegelbehang als Wetterschutz. Die Deckenbalken wurden verstärkt mit seitlich angebolztem Neuholz. Sie erhielten Einschübe aus Rauspund. Die Hohlräume wurden mit Mineralwolle ausgefüllt. Über dem Erdgeschoss blieben die Deckenbalken sichtbar. In den Obergeschossen wurden die Deckenbalken mit Gipskartondecken raumweise abgehängt. Auf den Rauspund der als Rohfußboden oberhalb der Deckenbalken genagelt wurde, kamen dann verschiedene schwimmende Estriche (Trockenestrich, Gussasphaltestrich).
Zur energetischen Verbesserung der Außenwände wurden 4 verschiedene Innendämmungen eingebaut (Stampflehm, Leichtlehmsteine, Calziumsilikatplatten, Holzweichfaserplatten).
Das Dach wurde mit historischen Linkskrempern eingedeckt. Die Straßenseite erhielt Kastenfenster, hofseitig wurden isolierverglaste Holzfenster mit Innenfutter und Bekleidungsrahmen eingebaut.
Das Gebäude wird mit einer zentralen Gasbrennwertheizung und mit solarer Unterstützung beheizt. Zur Wärmeübertragung wurden wohnungsweise verschiedene Möglichkeiten gewählt (Fußbodenheizung im Gussasphalt, Wandheizung, Plattenheizkörper).
Die Gewölbetonnen wurden saniert. Hier konnte der Heizungsraum mit 1000l Pufferspeicher und Mieterkeller untergebracht werden.
In den Obergeschossen wurden jeweils 2 Wohnungen angeordnet. Im Erdgeschoss fand eine 1- Raumwohnung mit Schlafempore, Küche und Bad ihren Platz. Die ehemalige Tordurchfahrt wurde nach aufwendiger Behandlung der Sandsteinwände (Heißluftverfahren gegen Echten Hausschwamm) als Ausstellungsraum genutzt. Später zog hier ein Fliesenfachbetrieb mit Büro und Ausstellungsraum ein.
Fazit: In die Außenwände wurden Messfühler eingebaut, um das hygrothermische Verhalten der Innendämmungen zu verfolgen. Die Messergebnisse wurden 3 Jahre lang ausgelesen und ausgewertet.
Darüber hinaus brachte das Bauvorhaben viele praktische Erfahrungen den Planern und Handwerkern im Umgang mit den verschiedenen Baustoffen und Technologien.